Wir kamen berufsbedingt Anfang 2009 nach Stuttgart, als die Auseinandersetzungen um Stuttgart 21 (S21) so richtig losgingen. Bis dahin hatten wir noch nichts davon gehört, obwohl das Projekt schon seit gut zwei Jahrzehnten verfolgt wird. Es ist ja keineswegs so, daß Stuttgart 21 seit Jahrzehnten geplant wird, und die Bürger jetzt, da gebaut werden soll, erst wach werden. Der Widerstand ist so alt wie das Projekt, aber er war noch bis etwa 2008 ein eher lokales Phänomen. Für uns wurde dann schnell klar, daß dieses Projekt auch für uns völlig inakzeptabel ist und wir uns dagegen engagieren. Es ist in erster Linie Steuergeld des Bundes, also auch unser Geld, das für S21 verpulvert werden soll. Die katastrophalen Nachteile von S21 sind unter der schicken Oberfläche verborgen und erschließen sich erst, wenn man sich näher mit dem Projekt beschäftigt. Die folgende Darstellung der Fakten zu S21 erhebt nicht den Anspruch der Vollständigkeit. Sie soll vor Allem den Nicht-Stuttgartern zeigen, worum es bei diesem Projekt (eigentlich) geht und warum es alle betrifft, nicht nur die Stuttgarter. Warum also wollen so viele Menschen den schönen neuen Bahnhof nicht? |
Sogenannte "Argumente" | Die Politik und S21 | |
Risiken von S21 | Der Widerstand gegen S21 | |
Wem nutzt S21? | K21 - Die sinnvollere Alternative | |
Wem schadet S21? | Wie geht es weiter? |
GeschichteBei Stuttgart 21 soll der 16-gleisige Kopfbahnhof (K20) durch einen - um 90 Grad gedrehten - 8-gleisigen Bahnhof unter der Erde ersetzt werden. In den achtziger und neunziger Jahren des 20. Jahrhunderts gab es eine ganze Reihe von "21er" Projekten der Bahn: Frankfurt 21, München 21, sogar Lindau 21. Die "21" steht dabei für das 21. Jahrhundert, soll also die Anmutung "Zukunft" transportieren. Bei diesen ging es immer um den Umbau eines bestehenden Kopfbahnhofes in einen unterirdischen Durchgangsbahnhof. Dadurch würden nach Inbetriebnahme des Tiefbahnhofes die Flächen des Gleisvorfeldes frei, die dann immobilienwirtschaftlich genutzt werden könnten. Im Fokus standen also in erster Linie Immobiliengeschäfte, nicht verkehrspolitische Notwendigkeiten. Die 21er-Projekte wurden nach und nach begraben, Frankfurt 21 z.B. vor genau 10 Jahren. Stuttgart 21 ist das einzige dieser Projekte, das noch immer verfolgt wird und gegen alle Widerstände (und leider auch gegen jede Vernunft) durchgesetzt werden soll. Auch Stuttgart 21 war zwischenzeitlich mehrmals tot und wurde aus politischen Gründen jedes Mal wiederbelebt (zuletzt brauchte der angeschlagene Ministerpräsident Oettinger nach seiner heftig kritisierten Filbinger-Trauerrede 2007 ein visionäres Projekt für sein politisches Überleben). Der Widerstand begleitete das Projekt S21 von Anfang an. Da es aber mehrfach bereits beendet war, endete damit natürlich auch jeweils der Widerstand. Warum ausgerechnet 8 Gleise? Damit hätte der neue Stuttgarter Hauptbahnhof so viele Gleise wie der Ulmer Hauptbahnhof. Ganz einfach: Weil nicht mehr Gleise zwischen die Bahnhofshalle, die erhalten bleiben soll, und das Bankgebäude der LBBW passen. Stuttgart 21 ist also ein gigantischer Rückbau von Infrastruktur der Bahn, was mittlerweile öffentlich gewordene Geheimdokumente der Bahn belegen. |
Sogenannte "Argumente""Ein Durchgangsbahnhof ist einem Kopfbahnhof überlegen". Im Gegenteil bietet der 16-gleisige Kopfbahnhof die Möglichkeit des ebenerdigen -barrierefreien- Umsteigens; Züge können aufeinander warten. Auf diese Weise läßt sich ein sog. "integraler Taktfahrplan" realisieren, wie er bei der Schweizer Bahn seit Jahren bestens funktioniert (siehe die -exzellente- Animation auf Youtube). Demgegenüber können Züge im nur 8-gleisigen Tiefbahnhof nicht aufeinander warten, sondern müssen das Gleis für den nächsten Zug freimachen. Der integrale Taktfahrplan ist damit für immer ausgeschlossen und evtl. Fahrzeitgewinne werden durch das Verpassen von Anschlußzügen, die nicht warten konnten, zunichte gemacht oder ins Gegenteil verkehrt. "Stuttgart 21 ist alternativlos." "Stuttgart 21 ist ein Jobmotor" "Stuttgart 21 ist das bestgeplante Bahnprojekt"
"Stuttgart 21 ist demokratisch legitimiert" "Die Bahn besitzt doch das Recht zu bauen" "Wenn die soviel Geld ausgeben, dann muß an dem Projekt doch was dran sein" "Bei einem Ausstieg aus Stuttgart 21 kommen auf das Land und die Stadt Stuttgart Kosten von 1,5 Milliarden
Euro zu" "Stuttgart 21 ist wichtiger Teil der Magistrale Paris - Bratislava" "Nach der verlorenen Volksabstimmung ist Widerstand gegen S21 doch sinnlos" |
Risiken von S21Das Kostenrisiko Als angebliche Sollbruchstelle für das Projekt werden Kosten von 4,5 Mrd. Euro angegeben, andernfalls solle S21 aufgegeben werden. Wenn jedoch erst mit dem Bau richtig begonnen wurde, und große Teile des Kopfbahnhofes abgerissen wurden, kann man davon ausgehen, daß die Projektpartner (natürlich ohne die Bahn) genötigt sein werden, unbegrenzt Steuergelder nachzuschießen, damit nicht im Herzen von Stuttgart eine häßliche Bauruine zurück bleibt. Fakten aus der sog. Schlichtung und öffentlich gewordene bahninterne Papiere zeigen, daß wichtige technische Details wie Signaltechnik und Oberleitungen noch überhaupt nicht geplant sind und vss. mit dreistelligen Millionenbeträgen die Gesamtkosten nach oben treiben werden, ebenso die Auflagen des sog. Schlichters Geißler (so sie denn überhaupt realisiert werden sollen). Geologische Risiken Risken für das Mineralwasser Risken im Brandfall Risken für die Bahn Risken für die Demokratie Statt dessen hat die Landesregierung zugunsten der sog. "Volksabstimmung" - deren Ausgang vorherzusehen war - auf die juristische Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Finanzierung verzichtet. Dadurch wurde ein sehr wahrscheinlich verfassungswidriger Tatbestand zur Abstimmung gestellt und durch den Ausgang der Abstimmung praktisch legitimiert, sozusagen der größte anzunehmende Unfall für eine Demokratie! |
Wem nutzt S21?In erster Linie der Bahn. Dazu muß man wissen, wie in Deutschland Bahnprojekte finanziert werden. Projekte wie S21 werden aus Steuergeldern finanziert; die Bahn ist ja zu 100% in Bundesbesitz. Die Bahn ist Bauherrin, sie plant, macht Ausschreibungen und koordiniert die Ausführung. Dafür kassiert sie etwa ein Sechstel der Bausumme (im Falle von S21 sind es 17%) ohne Nachweis ihres tatsächlichen Aufwandes. Von jedem Euro Steuergeld, den die Bahn für S21 ausgibt, kassiert sie 17 Cents! Je mehr Geld also ausgegeben wird, desto höher steigt der Anteil der Bahn (und wahrscheinlich auch die Boni des Bahn-Managements!). Die Bahn muß sich ihre Bauprojekte zunächst vom Eisenbahn-Bundesamt (EBA) genehmigen lassen und liefert dafür -nach Erfahrungen bisheriger Projekte- frisierte Kosten-/Nutzenrechnungen und Kostenschätzungen ab. Sobald ein Projekt aber mal durchgewunken ist, dann ist es eine Gelddruckmaschine für die DB. Und die Erfahrung hat gezeigt, daß Bahnprojekte generell 50 bis 100% teurer werden als ursprünglich veranschlagt. Jede weitere Kostensteigerung erhöht ja den Anteil der Bahn. Die Bahn hat also gar kein Interesse, kosteneffizient zu bauen. Da wird auch S21 keine Ausnahme bilden. Und mit der Bahn freuen sich auch Tunnelbohrfirmen, Baukonzerne und die Immobilienwirtschaft über fette Gewinne in der Zukunft. Die Stadt Stuttgart hatte bereits 2009 für 460 Millionen Euro (zuzgl. Zinsen in dreistelliger Millionenhöhe) das Gleisvorfeld von der Bahn gekauft und wird es frühestens in 10, wahrscheinlich aber eher in 15 oder 20 Jahren verwerten können. Für die Bahn ein weiterer schöner, außerordentlicher Gewinn. Ob die Stadt jedoch die Immobiliengewinne, die sie sich erhofft, auch realisieren wird, ist angesichts des Leerstandes bei Gewerbe- immobilien mehr als fraglich. Und daß auf den freiwerdenden Flächen Sozialwohnungen entstehen, darf aufgrund des hohen Verwertungsdrucks getrost bezweifelt werden. Momentan wird jedoch juristisch die Frage geklärt, ob die Bahn zu diesem Verkauf überhaupt befugt war, denn Bahngrundstücke sind Sondervermögen des Bundes. Vielleicht stellt sich noch heraus, daß dieses Grundstücksgeschäft wegen Nichtigkeit wieder rückabgewickelt werden muß. |
Wem schadet S21?Den Steuerzahlern Den Bahnkunden Gleichzeitig werden die Ticketpreise steigen, da die Bahn die immensen Kosten zumindest teilweise auf die Kunden umlegen wird. Durch die gleichzeitige Nutzung von Gleisen durch Nah- und Fernverkehr werden für den Nahverkehr die Streckenentgelte steigen, weil die DB Netz für ICE-Strecken mehr Geld pro km verlangt, auch wenn nur die S-Bahn darauf fährt. Auch das wird sich auf die Ticketpreise auswirken. Schließlich wird die Bahn vom Land höhere Entgelte für Nahverkehrsleistungen verlangen. Da das Land aber sicher weder bereit noch in der Lage sein wird, jährlich eine größere Summe zu zahlen, werden folglich die Verbindungen im Nah- und Regionalverkehr schlechter werden müssen. Den Stuttgartern Um den Kellerbahnhof S21 überhaupt bauen zu können, muß die Bahn das Grundwasser absenken, indem sie es um die spätere Baustelle herum abpumpt. Ursprünglich waren 3,2 Mrd. Liter über die geplante Bauzeit hinweg genehmigt, nun sollen es gar 6,8 Mrd. Liter sein; möglicherweise reicht auch diese Menge nicht aus. Dieses Wasser wird aber nicht einfach in den Neckar abgeleitet, sondern - als Gegendruck gegen das unter Druck stehende Mineralwasser - an anderer Stelle wieder in den Boden eingeleitet. Die Folgen sowohl des Abpumpens als auch der Einleitung insbesondere für das Kernerviertel sind völlig unabsehbar. Geologen halten Schäden an Gebäuden und sogar Hangrutschungen für möglich - Nachterstedt und die Kölner U-Bahn-Baustelle lassen grüßen! Die Hausbesitzer des Kernerviertels sind bereits alarmiert. Den Behinderten |
Die Politik und S21Wie oben dargestellt, ist S21 für die Projektbetreiber in erster Linie ein Immobilienprojekt. Für die Gegner ist es ein Demokratieprojekt. Sie wehren sich gegen die Arroganz der Macht der Politik wie der Wirtschaft, gegen die Lügen und Halbwahrheiten in der Projektkommunikation, gegen die Salamitaktik, in der unvorteilhafte Informationen ans Licht kommen. Es reicht ihnen nicht mehr, einmal alle vier Jahre als Wähler willkommen zu sein, das Kreuzchen auf dem Wahlzettel dann aber alles legitimieren soll, das die gewählten Politiker sich in den Kopf setzen. Und sie wehren sich gegen den Filz (ein schöner klingendes Wort für Korruption) zwischen Politik und Wirtschaft. Finanzbürgermeister Föll beispielsweise ist im Nebenjob für die Wolff & Müller-Holding beratend tätig, einem großen privaten Bauunternehmen, daß u.A. den Nordflügel des Hauptbahnhofes abreißen durfte und auf weitere lukrative S21-Aufträge hofft. Oder die Partnerin des früheren Ministerpräsidenten und S21-Befürworters Oettinger, Friederike Beyer. Sie ist Mitglied im geschäftsführenden Vorstand einer Stiftung von ECE, eines Shoppingcenter-Betreibers aus Hamburg. Dieser möchte auf dem Gelände von Stuttgart 21 ein Einkaufszentrum errichten. Die Liste ließe sich fortsetzen... S21 wird leider auch durch eine ganz große Koalition im Landtag und Gemeinderat begünstigt: CDU, FDP und SPD (die "Tunnelparteien"), neuerdings auch die Grünen, befürworten das Projekt, nur im Gemeinderat sind SÖS und die Linke für die Alternative K21. Eine immer größere Zahl von SPD-Mitgliedern spricht sich zwar gegen S21 aus; die Parteispitze jedoch steht nach wie vor in einer Mischung aus Faktenresistenz und politischer Gesichtswahrung zu S21. Die frühere Landesregierung unter Ministerpräsident Mappus glaubte, den Widerstand gegen S21 brechen zu können, indem sie am 30.09.2010 ein Exempel statuieren zu wollte. Sie ließ eine angemeldete Schüler-Demonstration gegen S21 mit Wasserwerfern, Schlagstöcken und Reizgas auflösen. Dabei wurden hunderte von Demonstranten z.T. erheblich verletzt; die Schüler erhielten sozusagen eine unvergessliche "Lehrstunde in Demokratie". Dieser völlig unverhältnismäßige Polizeieinsatz, für den keiner der beteiligten Politiker bereit war, die Verantwortung zu übernehmen, trug im März 2011 wesentlich zur Abwahl von Mappus und der Wahl des ersten grünen Ministerpräsidenten Kretschmann bei. Nach dem unheilvollen Polizeieinsatz wurde unter der Leitung von Heiner Geissler im Oktober und November 2010 eine sog. "Faktenschlichtung" durchgeführt, in der in einer Reihe von öffentlichen Diskussionsrunden zwischen Befürwortern und Gegnern die wichtigsten Aspekte des Projektes S21 besprochen wurden. Dabei zeigten sich sehr deutlich die Planungsmängel der Bahn und die gewaltigen Risiken. Allerdings muß man rückblickend diese sog. Schlichtung eher als PR-Gag der damaligen Landesregierung ansehen. In seinem Schlichterspruch forderte Geissler wesentliche Verbesserungen des Projektes, unter Anderem ein neuntes und zehntes Gleis. Diese würden aber in geringer Tiefe direkt unter dem Bankgebäude der LBBW hindurchführen. Das riskiert kein Tunnelbau-Unternehmen (für die Untertunnelung des Daimler-Benz-Werkes in Untertürkheim findet sich auch kein Auftragnehmer). Man darf annehmen, daß auch die anderen Forderungen Geisslers niemals realisiert werden, da sie S21 um Hunderte von Millionen Euro weiter verteuern würden. Die sog. "Volksabstimmung" am 27. November 2011 hätte eine Chance sein können, den Wahnsinn S21 doch noch zu kippen. Im Nachhinein muß man aber sagen, daß die Abstimmung im Grunde doch nur eine pseudo-demokratische Inszenierung war. Pseudo-demokratisch deshalb, weil der SPD-Teil der Landesregierung, auf dessen Initiative die Abstimmung zurückgeht, sich darauf verlassen konnte, daß das Quorum ohnehin nicht erreicht wird. Weiterhin ist davon auszugehen, daß ein Großteil der Wähler nicht oder nur unzureichend über die Zusammenhänge informiert war -womit die Wähler in guter Gesellschaft mit den Abgeordneten waren, die auch nicht die ganze Wahrheit kannten, als sie über S21 abgestimmt haben. Pseudo-demokratisch war die sog. "Volksabstimmung" auch deshalb, weil mit der Ablehnung des Ausstiegsgesetzes ein Verfassungsbruch (die sehr wahrscheinlich verfassungswidrige Mischfinanzierung von S21) legitimiert wurde. Ein unermesslicher Kollateralschaden für die Demokratie! Die von der grün-roten Landesregierung immer wieder behauptete Deckelung des Landesanteils an der Finanzierung von S21 kann nur als albern bezeichnet werden. Sobald die Bauarbeiten erst einmal angefangen haben, werden das Land und die Stadt Stuttgart zu Geiseln der Bahn. Irgendwann wird diese die 4,5 Milliarden ausgegeben haben, S21 wird aber noch lange nicht fertiggestellt sein. Die Bahn wird dann sagen: "Wir würden ja gerne fertigbauen, aber Ihr müßt zahlen!". Und damit nicht eine häßliche Wunde mitten in Stuttgart und die Stadt ohne Bahnhof zurückbleibt, werden Stadt und Land ganz selbstverständlich zahlen, was bleibt ihnen dann auch noch übrig?
Die Mitglieder der Landesregierung -auch Herr Kretschmann- haben in ihrem Amtseid geschworden: Davon kann in mehrfacher Hinsicht keine Rede sein: Durch das Projekt eines untauglichen Bahnhofes wird der Nutzen des Volkes verringert, durch die Nicht-Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Mischfinanzierung von S21 wird Schaden nicht abgewendet, Verfassung und Recht nicht bewahrt und verteidigt und durch die Nicht-Aufarbeitung des unseligen Polizeieinsatzes vom 30.09.2010 wird auch keine Gerechtigkeit gegen jedermann -besonders die verletzten Demonstranten- geübt. Da kann man nur sagen: Ein Versagen auf der ganzen Linie! Herr Kretschmann hat sich durch seine gebrochenen Wahlversprechen sein Amt als Ministerpräsident erschlichen und einen Meineid geschworen! Nicht umsonst ist jetzt "Kretschmann weg!" statt "Mappus weg!" zu hören. Kretschmann ist eine einzige, gewaltige Enttäuschung! Arno Luik vom Stern schrieb: ”Herr Kretschmann will in die Geschichtsbücher eingehen. Das läßt er sich nicht durch ein Bahnhöfle kaputt machen.” Dieses Ziel hat Kretschmann zweifellos erreicht, aber vielleicht nicht so, wie er sich das vorgestellt hat. Kretschmann wird als derjenige grüne Ministerpräsident in Erinnerung bleiben, der ein völlig unökologisches, unwirtschaftliches und inhumanes Großprojekt bewußt nicht verhindert hat, der damit Stuttgart und dem Land schwerste Schäden zugefügt haben wird. Von seiner eigenen Partei -vielleicht sogar bundesweit- ganz abgesehen. Kretschmanns Tatenlosigkeit beruht aber mit Sicherheit nicht auf Unwissen, es ist Mutwillen! Ich würde niemals so weit gehen zu behaupten, Herr Kretschmann sei gekauft, weil man es auch nicht beweisen kann, aber es fällt schwer, es nicht zu denken. |
Der Widerstand gegen S21Der Widerstand gegen das Projekt S21 wird getragen von dem Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21. Dazu gehören der BUND, Bündnis 90 / DIE GRÜNEN, die Initiative Leben in Stuttgart - Kein Stuttgart 21, PRO BAHN e.V., der VCD Baden-Württemberg, die Stiftung Architektur-Forum Baden-Württemberg, SÖS Stuttgart Ökologisch Sozial, GewerkschafterInnen gegen Stuttgart 21, die Parkschützer sowie DIE LINKE Baden-Württemberg. Weiterhin gibt es Gruppen wie die Architekten gegen S21, Anwälte gegen S21, Ingenieure 22 oder die Unternehmer gegen S21. Und natürlich viele tausende von Privatpersonen aus Stuttgart und dem Umland, die Montag für Montag und zu anderen Gelegenheiten auf die Straße gehen, um gegen das Wahnsinnsprojekt zu demonstrieren. Im Widerstand gegen S21 sind alle Altersgruppen und sozialen Schichten vertreten. Man ist auch nicht "gegen Alles", wie die Befürworter gerne behaupten, sondern für einen sinnvollen Bahnverkehr und die Renovierung und Verbesserung des Kopfbahnhofes (siehe "K21 - Die sinnvollere Alternative"). Die wöchentlichen Demonstrationen heißen nicht von Ungefähr "Montagsdemo" und ein häufiger Spechchor lautet: "Wir sind das Volk" (siehe Demokratieprojekt). Die Phantasie, die Buntheit und nicht zuletzt bis heute die Gewaltfreiheit sind die besonderen Merkmale des Widerstandes gegen S21. |
K21 - Die sinnvollere AlternativeDer (eigentlich denkmalgeschützte) Stuttgarter Kopfbahnhof hat zweifellos bessere Tage gesehen. Das kommt aber daher, weil die Bahn seit Jahrzehnten kein Geld mehr in die Erhaltung der Substanz investiert hat (je besser die Profite der Bahn sind, desto besser kann man sie später an der Börse zu Geld machen). Für die Befürworter ist Stuttgart 21 alternativlos (s.o.), aber es gibt die Alternative: K21, der renovierte Kopfbahnhof. Mit dem lassen sich zwar weniger umfangreiche Immobiliengeschäfte machen (etwas geht auch damit), aber er ist für den Regional- und Fernverkehr einfach besser geeignet (s.o.). Weiterhin kann man die Aus- und Umbauten in Teilen realisieren und diese auch gleich nutzen; bei Stuttgart 21 muß das Projekt als Ganzes fertiggestellt werden, bevor es genutzt werden kann. Und: K21 kostet nur etwa die Hälfte von S21. |
Wie geht es weiter?Alle wirklichen Argumente sprechen u.E. gegen S21 und für K21. S21 ist ein Planungs-Desaster und wäre eigentlich in jeder Hinsicht zum Scheitern verurteilt. Dennoch oder gerade deshalb wurde am 15.02.2012 um 3:00 Uhr in der Nacht mit einem Aufgebot von 2000 Polizeibeamten der Schloßgarten geräumt und abgesperrt. Zuvor war vom Vize-Ministerpräsidenten und Finanzminister Nils Schmidt der sog. Gestattungsvertrag unterzeichnet worden, der der Bahn die Rodungs- und Bauarbeiten erst ermöglicht hat. Parallel dazu wurde auch der Südflügel des Haupbahnhofes abgerissen. Dies ist natürlich reiner Aktionismus! Bevor das sog. ”Grundwassermanagement” nicht fertiggestellt, erprobt und in Betrieb ist und der Grundwasserspiegel um bis zu 18 Meter abgesenkt wurde, kann die Bahn keine Baugrube ausheben, weil diese dann sofort unter Wasser stünde. Man darf gespannt sein, ob auf der jetzt geräumten und abgesperrten Fläche mehr passiert als auf der Fläche des abgerissenen Nordflügels. Dort standen sich zwei Jahren lang Wachleute die Beine in den Bauch. Wir können davon auszugehen, daß Stuttgart 21 sowieso nicht gebaut wird, weil es gar nicht realisierbar ist (siehe: Risiken von S21). Die Bahn kann es nicht! Nach Jahrzehnten der Planung kann die Bahn nur Stückwerk vorlegen, das nicht funktioniert. Das Scheitern der Bahn ist ein Scheitern auf Raten: Die Bahn kennt die Risiken sehr gut, und versucht diese auf ihre Subunternehmen abwälzen. Daher findet sie entweder keine Auftragnehmer für einige Bauabschnitte, oder diese werden insolvent (wie jüngst Keller-Bau), oder sie springen ab (wie Wolff & Müller). Weil die Bahn das Grundwasser nicht in den Griff bekommen kann. Weil sie nicht alle erforderlichen Planfeststellungen erreichen kann. Und spätestens, wenn sie den Gipskeuper anbohren läßt, und dieser durch das einsickernde Wasser aufquillt unter der Stadt, wird die Bahn endgültig in einem Sumpf von Problemen feststecken. Und dann wird die (wahrscheinlich dann neue Berliner) Politik die Notbremse ziehen, durch einen Verkehrsminister, den man endlich als solchen bezeichnen kann (Herr Ramsauer ist da leider ein Totalausfall). Es ist nur die Frage, wieviel Schaden bis dahin angerichtet ist. Denn der ist jetzt leider unvermeidlich. Wir machen bei unseren Diensten an der Mahnwache am Hauptbahnhof regelmäßig die Erfahrung, daß uns Menschen anfeinden, ja sogar wüst beschimpfen, die aber gleichzeitig die elementarsten Zusammenhänge bei S21 nicht kennen - ja gar nicht wissen wollen. Je größer aber der Schlamassel wird, der mit S21 in Stuttgart angerichtet wird, desto weniger werden sie die Wahrheit ignorieren können. Dann -so ist zu hoffen- wird die große Mehrheit der Bürger allmählich erkennen, wie sie hinters Licht geführt wurde. Die Bahn bastelt derweil munter vor sich hin, obwohl sie noch nicht einmal ein durchgängiges Baurecht besitzt. Und die Politik schaut tatenlos zu. Klar, die Bahn geht so weit, wie man sie läßt. Mehr noch: Indem die Regierung Kretschmann die Rechtsbrüche der Bahn duldet und die Verfassungsmäßigkeit der Finanzierung nicht prüfen läßt, verursacht sie einen unabsehbaren Schaden für die Demokratie und macht sich mitschuldig an den Folgen. Herr Kretschmann sagte einmal in einem Interview, nur "ein Wunder" könne S21 noch stoppen. Mittlerweile haben wir mehr und mehr den Eindruck gewonnen, daß der Stopp von S21 gar nicht (mehr?) beabsichtigt ist. Nach der Landtagswahl konnte man noch annehmen, daß der Politik/Wirtschafts- Filz etwas zurückgedrängt wurde. Jetzt sieht es aber so aus: Mit Grün-/Rot filzt es sich ebenso gut!Volker Lösch, Regisseur des Stuttgarter Schauspielhauses, brachte es auf den Punkt: "Wir bekommen in diesen Monaten in Baden-Württemberg eine Spielart des passiven, des opportunistischen Staates präsentiert, der in Form der grün-roten Landesregierung beharrlich ignoriert, daß auch die Staatsgewalt ans Grundgesetz gebunden ist, und daher in der Pflicht steht, der gesetzeswidrigen S21-Mischfinanzierung gerichtlich nachzugehen." Treffender kann man die aktuelle politische Misere in Stuttgart nicht beschreiben. Es ist leider ein verbreitetes Mißverständnis, daß Politiker, weil sie von uns gewählt wurden, dann auch unsere Interessen vertreten. Das war vielleicht mal so, und ein Teil unserer Politiker mag auch noch so handeln. Es scheint aber offenbar immer häufiger so zu sein, daß ganz andere Interessen verfolgt werden. Und da ist Stuttgart 21 nur ein -wenn auch krasses- Beispiel von Vielen. Wenn sich die Bürger nicht einmischen, macht der Filz was er will! Anfang 2013 gab es auch Hoffnung: Die Initiative der Juristen zu Stuttgart 21 hatten ein Rechtsgutachten vorgelegt, demzufolge die Beendigung des Projektes S21 für die Bahn erheblich wirtschaftlicher als dessen Fortführung sei. Ebenso seien Ausstiegskosten im Milliardenbereich völlig unrealistisch. Mithin sei ein Ausstieg der Bahn schon aus wirtschaftlichen Gründen dringend geboten. Und da der Kostendeckel von S21 durch die jüngste Kostenexplosion gesprengt ist, sei auch die Grundlage der sog. Volksabstimmung vom 27.11.2011 entfallen. Auf der Basis des Rechtsgutachtens haben die Juristen zu S21 die Mitglieder des Aufsichtsrates der Bahn AG angeschrieben und sie auf ihre Verantwortung hingewiesen, das Projekt im Interesse der Deutschen Bahn zu beenden. Ansonsten würden sich diese nicht nur des Straftatbestandes der Untreue schuldig, sondern auch noch schadenersatzpflichtig machen, ohne daß die Haftpflichtversicherungen der Aufsichtsräte dafür aufkämen. Am 05.03.2013 jedoch beschloß der Aufsichtsrat mit nur einer Gegenstimme und einer Enthaltung, den Weiterbau des Projektes S21 zu billigen. Wir dürfen annehmen, daß dies auch oder gerade dem massiven Druck der Politik geschuldet war. Kanzlerin Merkel hatte sich zuvor massiv für das Projekt eingesetzt. An S21 entscheide sich die "Zukunftsfähigkeit Deutschlands". Aber S21 wäre aber nicht das erste falsche Pferd, auf das Frau Merkel gesetzt hatte. Durch das Weiterbauen der Bahn will sie S21 buchstäblich um jeden Preis aus dem Bundestagswahlkampf heraushalten. Vermutlich aber wird sie genau das Gegenteil erreichen und den Parteien der Opposition eine Steilvorlage liefern. Und die Aufsichtsratsmitglieder dürfen sich auf juristische Konsequenzen einstellen; gegen die Bahnvorstände Grube und Kefer wurde von den Juristen zu Stuttgart 21 bereits eine Anzeige wegen Betrugs und Untreue bei der Staatsanwaltschaft Berlin eingereicht. Stuttgart 21 ist ein Verbrechen, das vor unser aller Augen verübt wird! Das Ausmaß der Lügen und Rechtsbrüche von Bahn-Management und Politik sowie deren Billigung unverantwortbarer Risiken sind völlig unerträglich und müßten einen Aufschrei des Volkes zur Folge haben. Dieser bleibt aber leider (noch) aus. Auch durch die verlorene sog. "Volksabstimmung" wurde keines unserer Argumente gegen Stuttgart 21 widerlegt. Es ist höchste Zeit, diesem Spuk ein Ende zu setzen. Daher jetzt erst recht: Der Widerstand muß und wird weitergehen, friedlich, phantasievoll und mit allen Mitteln der Zivilgesellschaft, bis wir S21 endlich gestoppt haben. Oben bleiben!!! |
Unser Motto zu S21: "Entweder Du bist dafür oder Du hast Dich informiert".
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